Leseprobe, Buch 1 "Unterwegs zwischen Warnemünde, Schwaan und Kühlungsborn"
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"Oldendorfer Tannen":
Nachdem die Warnow sich als mehr oder weniger schmaler Fluß ca. 140 Kilometer durch Mecklenburg schlängelt und dabei durch eine Laune der Natur dem Schweriner See nur knapp entrinnt, macht sie sich bei Rostock so richtig breit, um nach weiteren 15 Kilometern in die Ostsee zu münden. Am Beginn der Verbreiterung entstand aus einer slawischen Siedlung die Stadt Rostock. Der breite "Krähenfluß", wie die Warnow in der Sprache der Slawen in etwa hieß, sorgte mit seinem Tiefe dafür, daß schon im Mittelalter viele Handelsschiffe am Rostocker Stadthafen festmachen konnten. Heute allerdings geschieht das ein gutes Stück weiter nördlich. Kurz vor Warnemünde, am Ende der Unterwarnow, liegt der Rostocker Überseehafen. Hier entladen Fähren ihre Fracht genauso wie riesige Containerschiffe.
Schräg gegenüber, direkt an den Warnemünder Kais, legen jedes Jahr zahlreiche Kreuzliner an, eine Attraktion für Einheimische und Touristen, welche hier den Hauch der weiten Welt spüren können. Zwischen Rostock und Warnemünde errichtete man in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts zahlreiche Plattenbausiedlungen, um der wachsenden Einwohnerzahl Herr zu werden. Nach der Wende wurden die ziemlich verwohnten Plattenbauten saniert. Man war bemüht, das Wohnumfeld attraktiver zu gestalten.
So enstand im Jahr 2000 mit dem Bau der IGA eine Gelände mit hohem Erholungsfaktor in einer eher tristen Umgebung.
Nur wenige Jahre später begann der Bau des Warnowtunnels, welcher den Nutzern die Chance gibt, auf eine schnelle, unkomplizierte Weise die Uferseite zu wechseln. Nicht nur die Bewohner des östlichen Ufers profitieren vom allerdings mautpflichtigen Zeitgewinn, auch Urlauber und der Berufsverkehr umgehen so das Nadelöhr der Rostocker Innenstadt.
Vom Baugeschehen verschont blieb eine bemerkenswerte kleine grüne Oase, direkt links neben der östlichen Tunneleinfahrt, südlich angrenzend an das Gelände des Überseehafens, die Oldendorfer Tannen. Früher reichte dieses Waldstück bis an den Breitling heran. Über die Gemeinde Krummendorf gelangen Sie mit dem PKW in den Ortsteil Oldendorf. Nach einer Linkskurve der Hauptstraße fahren Sie rechts von dieser ab, in Richtung des alten Fähranlegers. Hier finden Sie ausreichend Parkmöglichkeiten.
Schon der Blick von dem etwas erhöht und direkt am Wasser liegenden Parkplatzes wird Sie einen Moment verweilen lassen. Silbrig glitzernd breitet sich die Unterwarnow vor Ihren Augen aus. Schiffe ziehen vorüber, Möwen treiben im Wind, der Geruch von Salzwasser und Tang liegt in der Luft. Auf der anderen Uferseite erkennen Sie einen kleinen, mit jungen Lärchen bestandenen Hügel.
Der Legende nach stand dort vor über 750 Jahren die Hundsburg. Dort, wo einst der weiße Hund einer dänischen Prinzessin über Bord fiel und sich schwimmend ans Ufer rettete, wurde sie um 1266 erbaut. Bewohner war der Stadtfürst von Rostock, Waldemar. Wahrscheinlich diente die Burg auch dazu, an dieser engen Stelle der Warnow die Schifffahrt zu kontrollieren. Zwischen der Stadt und ihren Fürsten kam es immer wieder zu Spannungen.Als Druckmittel gegen Rostock sperrten die Herren einfach die Warnow, um den Handelsschiffen die Durchfahrt zu verweigern.Diese Maßnahmen trafen die Stadt an ihrer empfindlichsten Stelle, dem Seehandel, welcher der Schlüssel zu Reichtum und Macht war.Allerdings litt der Rostocker Fürst Albrecht unter chronischem Geldmangel. Machtstreben, Kriegszüge und ein luxuriöser Lebensstil führten 1278 zum Verkauf der Hundsburg und den Gebieten entlang der Warnow bis hoch nach Warnemünde& nbsp; an die Stadt Rostock.
Damit gehörte der Zugang zur Ostsee endgültig den Stadtherren. Trotzdem war in späteren Jahren das Absperren der Warnow ein beliebtes Mittel, um Druck auf die reiche Handelsstadt auszuüben.
Die dänische Königin Margarethe, von einer Wallfahrt zum Papst wiederkehrend, soll in der Nähe der Hundsburg auf Ihrer Rücktour nach Dänemark bei einem schweren Unwetter gestrandet sein. Aus Dankbarkeit für ihre Rettung plante sie auf dem Gelände der Hundsburg den Bau eines Klosters.
Die Königin erwarb dafür den neben der Burg liegenden Schmarler Hof.
Allerdings wurde ihr von verschiedenen Seiten abgeraten, gerade an dieser Stelle ein Kloster zu errichten.Man empfahl ihr, die Anlage am Stadtrand von Rostock zu bauen. Noch heute kann man das Kloster zum heiligen Kreuz an den Rostocker Wallanlagen besichtigen.
Im Jahre 1307 erwarb das Kloster den Burghügel in der Schmarler Feldmark von der Stadt Rostock. 1582 sollen die letzten Mauerreste der Burganlage abgetragen und in Warnemünde beim Hafenbau verwendet worden sein. Im Burghügel liegen angeblich immer noch Steine der Hundsburg. Durch einen wenige hundert Meter langen Schilfpfad kommen Sie auch heute bis zu dem Hügel am Wasser...
Von dort erschließt sich Ihnen ein weiter Blick hinüber auf das Ziel der heutigen Wanderung:
Am alten Fähranleger entlang geht es nun direkt am Ufer auf einem Trampelpfad Richtung Wald. Bevor Sie den erreichen, müssen Sie einige Hürden nehmen. Mit etwas Glück erreichen Sie den etwas breiteren Uferstreifen trockenen Fußes. Ist Ihnen dieser Weg zu riskant, können Sie Ihr Auto direkt an der Linkskurve in der Ortsmitte von Oldendorf stehen lassen. Dieser Weg heißt "Bei den Oldendorfer Tannen" . Von dort führt rechts ein breiter Sandweg in den Wald hinein...
An der umgestürzten Weide führt ein Weg das Steilufer empor, der andere etwas versteckt am Schilfgürtel vorbei. Empfehlenswert ist der obere Weg, von hier haben Sie durch das Blätterdach der Bäume einen wunderschönen Blick über das Wasser bis hin zum anderen Ufer.
Bald lichtet sich der Wald, unter hohen Kiefern stehen Sie und blicken auf den Fähranleger am Skandinavienkai. Sogar das IGA-Gelände können Sie von hier erblicken. Plündern Sie den Picknickkorb im weichen Gras. Der Rückweg schlägt einen Bogen über Oldendorf. Halten Sie sich auf dem schmalen Weg durchs wilde Unterholz am nördlichen Waldrand.Nach einiger Zeit passieren Sie Kleingärten und die ersten Häuser.Dann treffen Sie auf die Kurve der Hauptstraße. Gleich rechts herum gelangen Sie auf den Sandweg "Bei den Oldendorfer Tannen". Dieser führt Sie zwischen Häusern und Kleingärten wieder durch den Wald bis zum alten Fähranleger. Von hier aus ist es nur ein Katzensprung zu Ihrem Auto.